Pünktlich zu Ostern


Na ja, zumindest fast pünktlich zu Ostern. Eine Woche vor den Feiertagen erhielt ich einen Anruf: zwei Baby-Feldhasen wurden im Tierheim abgegeben und warteten nun dort auf meine Hilfe. Die Tierchen sofort wieder zur Fundstelle zurück zu bringen, war nicht mehr möglich, nachdem ich die ganze Geschichte gehört hatte: die „hilfsbedürftigen“ Tierchen waren schon am Vortag von eifrigen Helfern aufgelesen worden und zwischenzeitlich durch unzählige Hände gegangen. Unter diesen Voraussetzungen machte es keinen Sinn, die Tiere zurück zu bringen.


Prinzipiell finde ich es gut und richtig, dass sich Menschen um Wildtiere – und auch deren Junge – sorgen und kümmern. Aber die Hilfe muss angemessen sein! Bei verletzten, geschwächten und kranken Tieren ist die Sachlage ziemlich einfach. Aber nicht jedes Jungtier, welches in Wald und Wiesen sitzt, ist verwaist. Hier heißt es: beobachten. Aus sicherer Entfernung wartet man nun ab, ob sich ein Elterntier blicken lässt oder nicht. Dies ist mit einigem Aufwand verbunden. Oft warten die Elterntiere ihrerseits in einem Versteck, bis die Gefahr (der beobachtende Mensch) vorüber ist. Oder im Falle der Feldhasen ist es ganz normal, dass das Muttertier ihren Nachwuchs oft stundenlang alleine zurück lässt und nur drei, vier Mal am Tag zum Säugen vorbei kommt.


Jugendentwicklung des Feldhasen


Junge Feldhasen kommen, im Gegensatz zu Nesthockern, voll entwickelt zur Welt. Sie sind voll behaart, die Augen sind in den ersten Stunden nach der Geburt noch etwas verklebt, öffnen sich aber rasch. Milchzähne sind vorhanden, die Ohren sind noch in Längsrichtung „gefaltet“ und deutlich kürzer als der Kopf.

Das Geburtsgewicht liegt bei etwa 130g – je nach Größe des Wurfes. Mit 7-9 Tagen wird erstmals fest Nahrung aufgenommen, mit 16 Tagen ist ein Gewicht von ca. 300g erreicht. Im Alter von 2-3 Wochen überragen die Ohren die Nasenspitze. Nach etwa 28 Tagen ist die Säugezeit beendet und das Gewicht liegt etwa bei 1 kg. Weitere vier Wochen später hat sich das Gewicht bereits verdoppelt.

Im Alter von 6-7 Monaten ist der Feldhase fast erwachsen und wiegt knapp vier Kilogramm.


Die Tiere, welche ich bekommen habe, sind etwa eine knappe Woche alt. Theoretisch ist es einfach, Feldhasen groß zu ziehen. Aber eben nur theoretisch… Gefüttert wird in der Anfangszeit „nur“ drei Mal täglich etwa 3-5ml pro Tier. Nach ein paar Tagen wird noch zwei Mal mit 5-10ml gefüttert und ab einem Alter von ca. zwei Wochen gibt´s noch eine Portion mit etwa 40ml. Nachtfütterungen entfallen. Hört sich einfach an. Wenn da nicht die den Hasen eigene Verhaltensweise wäre; es sind mit Leib und Seele Fluchttiere. Und dieser Instinkt macht sich von den ersten Lebenstagen an bemerkbar. Im Gegensatz zu den erwachsenen Tieren fliehen die Babys nicht, sondern fallen in eine Art „Schockstarre“ wenn man sie anfasst. In freier Wildbahn macht das durchaus Sinn; lässt vielleicht doch ein Beutegreifer noch mal von ihnen ab, weil er meint, ein bereits totes Tier in den Fängen zu halten. Die Aufzucht durch den Menschen erschwert es jedoch erheblich, da die Tiere die Nahrungsaufnahme komplett verweigern. Es ist normal, dass die kleinen Feldhasen am ersten Tag der Gefangennahme nichts fressen, der Stress ist einfach zu groß. Jedoch spätestens am zweiten Tag sollte Aufzuchtsmilch zu sich genommen werden. Dies erfordert jedoch sehr viel Einfühlungsvermögen des Pflegers. Denn notfalls muss eine Zwangsfütterung durchgeführt werden. Das große Problem hierbei ist, dass bei den Tieren in dieser Stresssituation durch die beschleunigte Atmung Aufzuchtsmilch in die Lungen gelangt. Dies wiederum kann zu einer Lungenentzündung und letztendlich zum Tod des Tieres führen.

Es ist nicht einfach, Feldhasen durchzubringen, die Chancen liegen bei unter 40%. Und trotzdem ist es ein Versuch wert. Jedes Wesen hat ein Recht auf Leben.


3.4.2012 Daniela Stotz


Harry und Sally