Pro-Biber

Argumente für den Biber

 

1. Wir brauchen keinen Biber in unserer Landschaft

Biber hat zentrale Bedeutung  - vom Biber profitiert Natur und Mensch

Mit dem Biber kehrt eine Art in Feuchtgebiete zurück, die über Millionen Jahre in der Landschaft vorhanden war. Diese Lebensräume – vom Biber geschaffen - sind Biotope für viele andere Arten, die meisten stehen auf der „Roten Liste“.

Durch den Biber entsteht Totholz. Direkt durch seine Fäll- und Bauaktivität, indirekt durch die Überflutung von Bäumen. Dies ist wichtig für die biologische Vielfalt in den Auen. Durch den Überstau sterben einzelne Bäume ab. Unter der Rinde dieser absterbenden Bäume (hauptsächlich Weiden) stellen sich verschiedene Käferarten ein (Käferarten, deren Schutz EU-weit von "gemeinschaftlichem Interesse" ist). Diese Bäume dienen diversen Spechten als Nahrungsquelle (verschiedenen Insektenlarven die im Holz oder unter der Rinde leben). Wird ihr Holz morscher, entstehen bald Spechthöhlen. Sie dienen vielen Vogelarten als Brutplatz.

Bricht das Totholz zusammen, entstehen weitere Lebensräume an Land (z.B. für Pilze, Käfer, Trauermücken, Erdschnaken,... die wiederum Nahrungsgrundlage für andere Lebewesen sind). Im Wasser liegend  bildet es eine Struktur, an die Fische ihren Laich anheften, die Fischbrut findet Verstecke vor ihren Feinden und ein Algenrasen, dient den Schnecken und Fischen als „Weide“.

Totholz reichert im Wasser – durch Verwirbelungen - Sauerstoff an. Dies wirkt sich positive auf die Fischfauna aus: im direkten Umfeld des Ast-Dschungels einer Biberburg findet man sehr hohe Fischdichten. Vom Biber gefällte und liegen gebliebene Bäume und Äste sind die besten Unterstände für bedrohte Fischarten.

Biber benötigen jedoch „Wildnis“ zwischen Wasser und Nutzungsfläche. Mehr Abstand zwischen landwirtschaftlicher Nutzung und Fließgewässer wäre ein Gewinn für alle: die Wasserwirtschaftsämter fordern einen 5 bis 20 Meter breiten Streifen unberührter Natur als Puffer. Das entspricht exakt dem Raum, den auch der Biber braucht.

 

2. Ufergehölze und Wälder werden durch Biber zerstört

Bäume werden nachhaltig genutzt

Die herumliegenden Bäume bzw. deren Baumstümpfe beeindrucken und täuschen zugleich den Betrachter. Häufig werden die gefundenen Bäume (reine Winternahrung) auf den Rest des Jahres hochgerechnet, so dass sich schnell eine astronomische Anzahl gefällter Bäume und eine unglaubliche Futtermenge pro Tag „errechnen“ lässt, man übersieht schnell, dass das Holz gar nicht gefressen wird.

Eine fünfköpfige Biberfamilie fällt durchschnittlich pro Jahr ca. 50 Stämme mit einem Durchmesser von 18 cm (hauptsächlich handelt es sich dabei um wirtschaftlich uninteressante Baumarten, wie Weide oder Zitterpappel).

Bei rund 10 gefällten Bäumen pro Jahr und Biber und ungefähr 20.000 Bibern in Deutschland, wären dies 200.000 Stämme pro Jahr. Umgerechnet in Festmeter  würden die Biber also ungefähr 60.000 Festmeter pro Jahr ernten.

Der Einschlag der Forstwirtschaft in Deutschland liegt bei rund 51.000.000 Festmeter pro Jahr. Würde man rein rechnerisch den gleichen Durchschnittsstamm (ca. 18 cm Durchmesser) ansetzen, käme man auf 170.000.000 gefällte Bäume. Biber nutzen also nur ein Bruchteil dessen, was unsere Forstwirtschaft einschlägt.

Unter anderem fällen auch die Landwirte an unseren Gewässern nach wie vor reichlich Bäume - und dies trotz Biber. Viele Landwirte haben über Jahrzehnte z.B. in Flurbereinigungsverfahren sich gegen Ufergehölze ausgesprochen, weil sie die angrenzenden Wiesen beschatten und/oder durch Wurzelwerk beeinträchtigen. Der Biber hilft ihnen nun, die ungeliebten Gehölze klein zu halten, indem er sie auf den Stock setzt. Erstaunlich ist nun, dass häufig Kommunalpolitiker und Landwirte, die sich bislang nie für Ufergehölze stark gemacht haben oder die an anderer Stelle ohne mit der Wimper zu zucken Wald für ein neues Gewerbegebiet oder eine Umgehungsstraße roden, so sehr über den Biber aufregen und ihn als „großen Zerstörer der Natur“ ansehen.

Durch ihre Fällaktivitäten ändern Biber nicht nur die Struktur der Ufervegetation, sondern auch die Artenzusammensetzung: Arten, die sich durch Stockausschlag regenerieren können sich halten, Arten, die dazu nicht in der Lage sind, verschwinden. In den Lichtungen haben Licht und Wärme liebende Pflanzenarten verbesserte Verbreitungsmöglichkeiten. Der Biber leistet mit seiner Fraßtätigkeit daher einen unschätzbaren Beitrag, dass an unseren Flüssen und Bächen endlich wieder naturnahe Holzarten wachsen.

 

3. Der Biber vermehrt sich zu stark

Der Biber reguliert seinen Bestand perfekt

Dass sich der Biber in den letzten Jahren bei uns wieder angesiedelt und vermehrt hat, ist nicht zu verleugnen. Aber ob man gleich von einer Überpopulation sprechen kann und soll, ist fraglich.

Biberpaare haben ein auf die Fläche bezogen festes Revier, in welchem sie dauerhaft überleben können. Dies ist wichtig, da sie sehr territorial sind und ihr Revier ein Leben lang halten. Die Verteidigung (gegenüber anderen Biber) erfolgt über das Sekret Castoreum („Bibergeil“), welches an den Reviergrenzen angebracht wird. Je besser die Nahrungsbedingungen, desto kleiner sind die Reviere; je schlechter die Nahrungsversorgung, desto größer das Revier.

Da Biber sind keine „Herdentiere“ sind, können die Bestände gar nicht unbegrenzt anwachsen - Wachstum erfolgt nur, bis die vorhandenen Ressourcen „ausgenutzt“ sind.

Die innerhalb der Familie sehr sozialen Tiere, verteidigen ihre Reviere sehr heftig gegenüber fremden Artgenossen. Zu diesen Revierkämpfen kommt es vor allem im März, wenn die zweijährigen Biber gnadenlos von den Eltern aus dem Revier vertrieben werden. Sie müssen abwandern und sich ein eigenes Revier suchen. Dabei durchqueren sie bei hoher Revierdichte viele andere bereits besetzte Biberreviere. Dort werden sie jeweils von den Revierinhabern angegriffen, vertrieben und verfolgt.

Für die jungen, gerade geschlechtsreifen Biber ist dies eine der Haupttodesursachen, da diese besonders häufig in Revierstreitigkeiten verwickelt sind. Diesen „Spießrutenlauf“ durch besetzte Reviere überleben viele nicht. Je mehr Biberreviere bereits besetzt sind, umso geringer ist die Überlebenschance. Diese Art der Regulierung wirkt also stärker, je mehr Biber bereits im Lebensraum vorhanden sind.

Eine zu starke Bibervermehrung kann es nicht in freier Wildbahn gar nicht geben.

 

4. Da Biber keine natürlichen Feinde mehr haben, wird es immer mehr Biber geben

Der Biber wurde nie durch natürliche Feinde reguliert.

Ausschließlich Jungtiere haben bei uns natürliche Feinde, wie z.B. große Greifvögel, große Raubfische, sowie die Raubsäuger Mink und Fuchs. Eine wirkliche Auswirkung auf die Biberpopulation gibt es allerdings nicht.

Es wird immer wieder die Behauptung aufgestellt, der Biber könne sich bei uns so stark vermehren, weil Wolf, Bär oder Luchs als Regulatoren fehlen. Es ist unbestritten, dass vor allem der Wolf hin und wieder dem Biber nachstellt, jedoch haben die Wölfe dort, wo sie gemeinsam mit dem Biber vorkommen (z.B. Lettland, Polen, Rußland), auf die Bestandsentwicklung der Gesamtpopulation des Bibers nachgewiesener Maßen keinen Einfluss. Wie unter Punkt 1. erwähnt greifen bei der Bibervermehrung andere Mechanismen.

 

5. Biber machen nur Probleme

Ca. 30% der Reviere sind konfliktbehaftet; Biberberater können helfen

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen, dass die wenigsten Biberreviere mit Konflikte behaftet sind; der größte Teil der Biber lebt also konfliktfrei oder vollkommen unbemerkt.

Biberberater können in fast allen Fälle zusammen mit den Betroffenen Lösungen finden (technische Sicherungsmaßnahmen, Elektrozäune, Dammentfernen, Flächenankauf, Ausgleichszahlungen, …).

In besonderen Konfliktsituationen (z.B. Kläranlagen, bei Gefährdung von Fischteichen,…), können die Biber durch Lebendfallen gefangen und umgesiedelt werden. Dies darf aber nicht von Betroffenen auf „eigene Faust“ geregelt werden!

 


6. Biber sind „Landplagen“, „Schädlinge“ und machen finanzielle Schäden

Jagdlich genutzte Arten verursachen viel höhere Schäden

Der Biber ist  an Gewässer gebunden; sein Leben spielt sich in einem 20 m breiten Streifen entlang des Gewässers ab. Den Biber als „Landplage“ zu bezeichnen ist Ausdruck von völliger Unkenntnis der Biologie des Bibers.

Und der Biber ein Schädling? Dass der Biber, wie andere Arten auch, in der Kulturlandschaft, Schäden anrichten kann, ist unbestritten. Aber ihn deswegen gleich zum Schädling abzustempeln ist mehr als übertrieben

Beim Biber reichen bereits einige qm Mais (Gesamtschaden ca. 5- 6  €), um in einem mehr spaltigen Artikel mit Foto die „ausufernden Biberschäden“ darzustellen. Und wenn Hausbesitzer über Nässeschäden im Keller klagt, weil Biber einen vorbeilaufenden Graben aufstauen, ist es pressewirksamer, über Biber und Behörden zu schimpfen, als zu berichten, dass der Keller schon beim Vorbesitzer seit 10 Jahren feucht ist und der Biber erst vor zwei Jahren sein Revier bezogen hat. Tatsächliche große Schäden durch Biber sind selten.

So zahlen allein die Kaskoversicherungen für Wildschäden im Straßenverkehr in Deutschland im Jahr 500 Millionen Euro – was deutlich höher ist, als z.B. die deutschlandweiten Gesamtschäden am Mais.

 

 

7. Biberprobleme müssen durch Jagd gelöst werden

Jagd schafft nur neue Probleme

Durch die Jagd auf den Biber ergibt sich eine Vielzahl von Problemen:

Biber sind dämmerungs- / nachtaktiv

Damit ist die Biber-Jagd-Zeit eingeschränkt. Die äußerst begrenzte Effektivität dieser nächtlichen Jagdmethode ist unter Fachleuten bekannt. Bei Wildschweinen werden z.B. revierübergreifende Drückjagden veranstaltet, die beim Biber als wassergebundenen, territorialen Tier jedoch nicht möglich sind.

Biber leben am und im Wasser

Fehlschüsse prallen vom Wasser leicht ab und gefährden die nahe Umgebung. Aus Sicherheitsgründen verbieten sich somit Schüsse auf Biber, die im oder unmittelbar am Wasser sind. Ein Schrotschuss auf Biber im Wasser ist nicht möglich, da das Schrot im Wasser stark abgebremst wird und damit nicht ausreichend Treffer den Tod herbeiführen.

Biber können nicht nachgesucht werden

Ein angeschossener Biber, der ins Wasser flüchtet, kann praktisch nicht nachgesucht werden und muss qualvoll verenden.

Biber haben ein Reviersystem

Irgendwo Biber zu schießen, um den Bestand zu reduzieren ist sinnlos, wenn der Biber am „Konflikt-Ort“ nach wie vor aktiv bleibt. Ein großer Teil der Biberkonflikte entsteht unmittelbar an oder in besiedelten Bereichen, wo sich der Einsatz einer Schusswaffe von vornherein verbietet.

Es spricht also nichts für eine Jagd auf Biber. Dafür gibt es im Bibermanagement eine ganze Palette anderer Möglichkeiten.

 

 

Quellen:

„Biber als Landschaftsgestalter“, Mark Harthun, Maecenata Verlag, München

„Das Comeback der Biber“, Josef H. Reicholf, Beck´sche Verlagsbuchhandlung, München

„Einfluss der Biber auf gewässernahe Wälder“, Volker Zahner, Herbert-Utz-Verlag, München

(www.bibermanagement.de / Die Biberburg, Gerhard Schwab

 

Daniela Stotz